SÜDKURIER KONSTANZ
KONSTANZ 

Eine stille Komik durchzieht ihr Werk

Die Konstanzer Galerie Bagnato zeigt Bildhauerei und Zeichungen aus 40 Jahren von Annette Jauss

Anlässlich des 60sten Geburtstags von Annette Jauss zeigt die Galerie Bagnato in Oberdorf bei Litzelstetten eine rund 40 Jahre umfassende Retrospektive des zeichnerischen und bildhauerischen Werks der Künstlerin, die in München und Konstanz lebt und arbeitet. In der knapp 60 Exponate zählenden Ausstellung sind zahlreiche Skulpturen und Plastiken aus Stein, Bronze und Eisen zu sehen. Sowie etliche Zeichnungen in Kohle, Mischtechnik und Öl. Gemeinsam veranschaulichen sie eine mit den Schaffensjahren wachsende Radikalisierung von Form, Gestus und Oberfläche.

Wie in der Gegenwartskunst eben auch zu beobachten ist, sperrt sie sich häufig gegen den schnellen Zugriff samt Verortung in einer Schublade – ja, sie stemmt sich allgemein gegen eine ästhetische Verflachung und den schönen Schein. Das gilt auch für die Arbeiten von Annette Jauss. Ihr Werk sperrt und stemmt sich gegen die Oberflächlichkeit.

Vor allem wirken ihre Figuren aus Bronze und Eisen wie gestrauchelte und verletzte Helden. Unübersehbar haftet ihnen allen Makel und Unvollkommenheit an. Sie erscheinen wie Mutanten aus einer universalen Distanz, die sich mit grotesken, skurrilen und nicht selten auch gruseligen Gesten einer menschlichen Betrachtung nahezubringen suchen. Sie buhlen um Achtung und Wertschätzung in einer Welt, die vollgestopft ist mit allerlei verblendeten Idealen und entsprechend hohlen Ritualen. Solchen Idealen etwa von Glaube und Religion, Heimat, Schönheit oder Vollkommenheit. Nichts ist wie es scheint – stets lohnt ein zweiter Blick. Auch wenn dieser unerwünscht oder sogar verboten worden ist.

Es ist wie eine Wunde; Blendung – Verblendung. Im menschlichen Dasein und dessen Entscheidungen ist sie latent und bricht immer wieder auf. In diese Wunde legt Annette Jauss mit ihrem Schaffen den Finger. Mitunter stellt sie dabei ihren Figuren eine stille, unaufdringliche Komik anheim, und sehr wahrscheinlich tut sie das in voller Absicht. So zum Beispiel bei ihren Statuetten „Ehepaar“ aus Bronze (2007) oder „Verliebte Geier“ (2017), ebenfalls aus Bronze. Zunächst mutet der Anblick der beiden Ehepartner zwiespältig an. Ihre figürliche Haltung und Ausstattung mit Tierzahnteilen sowie mit einem Hut, der wie ein Helm wirkt, mögen im Betrachter gruselige Verknüpfungen wecken, einerseits; „Galgenmännlein“ als Werktitel könnte dem Figurenpaar auch gut anstehen. Anderseits ist die situative Komik, die aus dieser figürlichen Plastik hervorscheint, unaufhaltsam. Selbiges gilt auch für die „Verliebten Geier“. – Werke wie diese sind es dann, die die Tragik von Gestrauchelten bei Annette Jauss auf einer höheren Ebene ins Tragisch-Komische wenden.