Zur Technik in der Bildhauerei und meiner Arbeitsweise

Der heutige Begriff der Bildhauerei umfasst das ganze Feld der Herstellung von Skulpturen und Plastiken. Skulpturen entstehen durch das Herausarbeiten einer Figur oder einer Form durch Abtragen von Material, zum Beispiel. Von Stein oder Holz, also ein subtraktives Verfahren. Im Gegensatz dazu werden Plastiken durch ein additives Verfahren hergestellt und mit verschiedensten Materialien wie Ton, Wachs, Gips, Metall u.s.w. modelliert. Im Gegensatz zu unserer schnelllebigen Zeit, geht das klassische Bildhauern langsam. Der Weg von der Idee bis zur fertigen Figur ist lang, bisweilen auch steinig und einsam.

Bildhauerei erfordert nicht nur Ideen und Phantasie, sondern auch handwerkliche Fähigkeiten und sehr viel Geduld. Es ist immer wieder eine neue Herausforderung, aus einem meist eckigen Steinblock eine lebendige Skulptur herauszuschlagen oder aus ungeformter Masse eine Plastik zu modellieren.
Eine völlig andere Herausforderung ist es, etwas Dreidimensionales zu gestalten als eine flächige Leinwand zu bemalen

 

Zur Bronze:

Sokrates und Xantippe

Sokrates und Xantippe

Bildhauerei ist ein archaischer Beruf, wie man auch am Bronzegießen sieht.
Schon vor 7000 v. Chr. wurde der Bronzeguss in Indien erfunden, und bis heute wird über die Jahrtausende diese Technik des Wachsausschmelzverfahrens verwendet.
Man nennt es auch das Verfahren mit „verlorener Form“, da das ursprüngliche Wachsoriginal zerstört bzw. ausgeschmolzen wird.

 

Der Laie stellt sich das Bronzegießen gern so ähnlich vor wie Bleigießen. Tatsächlich sind aber diese Bleigussfiguren ein Zufallsprodukt, im Gegensatz zu einer bewusst gestalteten Bronzeplastik.

Die diversen Arbeitsschritte verdeutlichen, wie das sogenannte Wachsausschmelzverfahren
funktioniert:

1. Das Original wird zunächst meist in Ton, Gips oder ähnlichem gearbeitet, dann eine Form davon
abgenommen. Mit dieser Form kann dann das Original in Wachs hergestellt werden

2. Ein Kasten zur Aufnahme einer flüssigen Formmasse wird vorbereitet

3. An dem Wachsmodell werden Angussöffnungen angebracht, um später flüssige Bronze (Kupfer
und Zinn) eingießen zu können. Luftkanäle, die ebenfalls eingebaut werden, ermöglichen das Entweichen der Luft.

4. Das so vorbereitete Modell wird in diesen Kasten mit der noch flüssigen Formmasse hineingesteckt,
so dass die schnell trocknende Masse das Modell vollständig umschließt.

5. das Wachsmodell wird in dieser Form langsam ausgeschmolzen und es entsteht eine Hohlform.

6. Die auf über 1000 Grad erhitzte Bronze wird in die so entstandene Hohlform hineingegossen

7. Nach dem Erkalten der Bronze wird die äußere Hülle zerschlagen, der Rohguss erscheint

8. Die Luftkanäle und der Anguss müssen abgeschnitten, die Schnittstellen nachgearbeitet werden

9. Die Bronzeplastik muss nun gesäubert, die Oberfläche patiniert und evtl. poliert werden.

Im Lauf der Zeit begann ich, kleine Figuren direkt in Wachs arbeiten, was nicht leicht ist, da der Zustand von Wachs sich zwischen hart und weich bewegt. Man braucht ein Gerüst aus brennbarem Material, um der Wachsfigur eine Stabilität zu geben. Daraus entwickelte sich für mich im Lauf der Zeit die Technik, das Gerüst als Teil der Figur sichtbar zu lassen. So entstanden filigrane Bronzefiguren, in denen Holzteile, Tannenzapfen, Mohnkapseln, getrocknete Bananenschalen , Naturalien aller Art als Stilmittel dienen.


Zum Stein:

Wie bekannt, wurden schon in der antike Stein bearbeitet. Schon die Ägypter benutzten Steinhämmer aus Dolorit (sehr harter Stein), mit oder ohne Stil. , für die Feinarbeit Knüpfel und Meißel aus Bronze, später auch aus Eisen.

Bison

Bison

Heute gibt es Maschinen, die die Arbeit erleichtern, wie Presslufthammer, Bohrmaschinen, Sägen, Schleifmaschinen, bis hin zu computergesteuerten Fräsmaschinen.

Meine bevorzugte Arbeitsweise ist, dem Steinblock mit Fäustel und Meißel gegenüberzutreten. Selten erstelle ich zuerst ein Modell, das ich dann in den Stein übertragen kann, wie es in der klassischen Bildhauerei üblich war.
Ich fange lieber mit einer vagen Idee an und lasse mich von dem Stein immer wieder neu inspirieren. Da die Arbeit am Stein mit Hammer und Meißel ein langsamer Prozess ist, es entwickelt sich während der Arbeit eine immer klarere Form. Irgendwann „sagt“ der Stein, wohin der Weg geht.

Während das Schaffen von Plastiken aus Ton, Wachs oder Eisen viel Zustände durchläuft bis hin zur Zerstörung und einem Neuanfang, kann im Gegensatz dazu ein Steinblock beim Behauen zwar verschiedene Metamorphosen durchlaufen, doch das weggeschlagene Material ist nicht mehr ersetzbar.

So besteht die bildhauerische Arbeit aus zwei diametral entgegengesetzten Arbeitsweisen und Herausforderungen, dem additiven und dem subtraktiven Prinzip.